Vor- und Nachteile von Honorarforderungsverkäufen
Um sich nicht mit Patienten wegen nicht gezahlter Rechnungen auseinandersetzen zu müssen und um die eigene Liquidität zu erhalten, schalten immer mehr Praxen Gesellschaften ein, die die Honorarforderungen gegen Patienten aufkaufen (sog. Factoringgesellschaften).
Die Honorarforderung darf jedoch nur dann an eine Factoringgesellschaft verkauft werden, wenn der Patient dem zuvor zugestimmt hat. Anderenfalls läge ein Bruch der Schweigepflicht vor. In der Praxis erklärt der Patient sich auf einem Formular mit diesem Vorgehen einverstanden. Weigert sich der Patient, darf die Behandlung nicht abgelehnt werden, schon gar nicht, wenn es sich um eine Notfallbehandlung handelt.
Beim Factoring wird rechtlich unterschieden zwischen dem echten und dem unechten Factoring:
Beim unechten Factoring wird die Forderung vor Fälligkeit an einen Finanzdienstleister oder ein Geldinstitut „verkauft“. Das Ausfallrisiko, dass der Patient nicht bezahlt, trägt in diesem Fall weiterhin der Forderungsverkäufer/Praxisinhaber.
Beim echten Factoring hingegen kauft das Factoring-Unternehmen die Forderung im Rahmen von eingeräumten Debitorenlimits regresslos an. Das Factoring-Unternehmen übernimmt in diesen Fall das Risiko, dass der Patient die Rechnung nicht bezahlt. Es führt in der Regel auch die Prozesse gegen die Patienten. Dafür nimmt das Factoring-Unternehmen einen Abschlag von den zum Kauf angebotenen Forderungen.
In der Praxis durchgesetzt hat sich überwiegend das echte Factoring: Der Behandler verkauft seine Honorarforderung mit einem gewissen Abschlag und trägt dann nicht mehr das Risiko, dass der Patient nicht bezahlt.
Aber Achtung: auch hier ist, -wie immer- auf die einzelvertragliche Gestaltung des Factoringvertrages zu achten:
Zahlt ein Patient nicht und muss daher eine gerichtliche Auseinandersetzung geführt werden, so kann es durchaus sein, dass eine Factoringgesellschaft den Ankauf rückabwickelt. Dies ist beispielsweise der Fall, dass ihr das Risiko des Prozesses zu hoch ist.
Andere Factoring-Firmen führen zwar den Prozess mit von ihnen beauftragten Anwälten, haben aber in den Bedingungen enthalten, dass die hierfür anfallenden Anwalts- und Gerichtskosten vom Forderungsverkäufer/Zahnarzt/-in zu tragen sind. Dafür sind die Kaufpreisabschläge beim Ankauf der Honorarforderung meist geringer.
Es lohnt sich daher, ins Kleingedruckte zu sehen und mehrere Angebote von unterschiedlichen Factoring-Firmen einzuholen, um das passende Angebot zu finden. Viele Factoringsgesellschaften arbeiten auch mit Scoring-Firmen zusammen. Zum Beispiel per Ampel ist dann für den Praxisinhaber sofort erkennbar, ob eine Honorarforderung von einem Patienten von der Factoringgesellschaft angekauft wird. Doch auch hier wird es Änderungen geben, weil das Bundeskabinett aktuell Änderungen bei der Erhebung von Daten zum Scoring zum Schutz von Verbraucherinnen geplant hat.
Eine Factoring-Firma kann –vor allem bei größeren Praxen- durchaus erhebliche Vorteile haben. Es lohnt sich aber nicht für jeden, eine Factoringgesellschaft einzuschalten.
Dieser Tipp kommt von
Wencke Boldt
Fachanwältin für Medizinrecht
Hildesheimer Straße 33
30169 Hannover
Telefon: 0511 8074995