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Bedenkzeit zwischen Aufklärung und Einwilligung

Der Patient ist über eine geplante Behandlung und mögliche Behandlungsalternativen und deren Risiken aufzuklären, damit er eine Entscheidung treffen und ordnungsgemäß in die Behandlung einwilligen kann.

§ 630 e Abs. 2 Nr. 2 BGB regelt in diesem Zusammenhang, dass der Patient so rechtzeitig aufzuklären ist, dass er seine Einwilligung „wohlüberlegt“ treffen kann. Eine wohlüberlegte Entscheidung kann nur treffen, wer ausreichend Zeit zum Überlegen hat.

Es ist nachvollziehbar, dass dieser unbestimmte Rechtsbegriff dazu führt, dass sich die Gerichte immer wieder mit der Frage auseinandersetzen müssen, wann die Entscheidung vom Patienten wohlüberlegt getroffen werden konnte. So auch das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen. Es hat in seiner bemerkenswerten Entscheidung vom 25.11.2021, AZ.: 5 U 63/20, hierzu ausgeführt:

Es könne nicht von einer wohlüberlegten Entscheidung gesprochen werden, wenn ein Patient unmittelbar im Anschluss an eine Operations-Aufklärung zur Unterschrift bewegt worden ist. Eine solche Unterschrift erfolge vielmehr unter dem Eindruck einer großen Fülle von dem Patienten regelmäßig unbekannten und schwer verständlichen Informationen, die in einer für den Patienten schwierigen Situation abgegeben werden.

Für die Praxis bedeutet dies, dass je weniger schwerwiegend ein Eingriff ist, umso verständlicher wird der Eingriff und die damit verbundenen Risiken für den Patienten sein, und umso weniger Bedenkzeit wird er für eine wohlüberlegte Entscheidung benötigen.

Ist ein schnelles medizinisches Handeln erforderlich, weil anderenfalls erhebliche gesundheitliche Schäden drohen, wird eine schnelle Entscheidung erwartet werden können. In diesem Fall ist jedoch darauf zu achten, dass dem Patienten auch die besondere Dringlichkeit der Behandlung und die damit verbundene schnelle Entscheidung bekannt sind.

Behandlungen jedoch, wie z.B. kieferchirurgische Leistungen, die neben dem gesundheitlichen Eingriff auch noch häufig wirtschaftliche Folgen haben und in der Regel nicht sofort medizinisch notwendig sind, sind vom Patienten wohlüberlegt zu treffen. In diesem Fall muss dem Patienten ausreichend Zeit gegeben werden. Zwischen Aufklärung und Unterzeichnung des Heil- und Kostenplanes sollte daher einige Zeit verstreichen. Diese Zeit sollte z.B. vom Patienten sinnvoll genutzt werden. Neben der Risikoaufklärung ist dann auch der wirtschaftlichen Aufklärung gem. § 630 c Abs. 3 BGB genüge getan worden.

Das hanseatische Oberlandesgericht Bremen hat die Revision zugelassen.

 

Dieser Tipp kommt von:
Wencke Boldt
Fachanwältin für Medizinrecht
Hildesheimer Straße 33
30169 Hannover
Telefon: 0511 8074995

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