Honoraranspruch versus Mängelanspruch
Der Patient ist mit dem ihm inserierten Zahnersatz nicht zufrieden. Nachdem er sich an seine Krankenkasse gewandt hat, die ein Mängelgutachten in Auftrag gegeben hat, steht fest, dass der Zahnersatz nicht frei von Mängeln ist. Dem Zahnarzt/Der Zahnärztin steht in diesem Fall ein Nachbesserungsrecht zu. Statt zur Behebung der Mängel die behandelnde Praxis wieder aufzusuchen, wendet der Patient ein, dass er das nötige Vertrauen nicht mehr in den Behandler habe und zahlt seinen Eigenanteil nicht. Ein Geschehensablauf, der immer wieder in der Praxis vorkommt.
Besonders ärgerlich ist es, wenn es sich nur um geringfügige Mängel handelt und diese auch für den Patienten nicht so schwerwiegend sind, dass er eine Mängelbeseitigung bei einem Nachbehandler nicht für notwendig erachtet.
Zahnärztliche Leistungen sind Dienstleistungen, die vom Patienten jederzeit gekündigt werden können. Doch bedeutet dies auch, dass im Falle der Kündigung der Zahnarzt/die Zahnärztin den Honoraranspruch verliert? Nach ständiger Rechtsprechung geht der Honoraranspruch bei Kündigung nur dann verloren, wenn die Leistung für den Patienten völlig unbrauchbar ist. Aber auch dann, wenn eine solche Unbrauchbarkeit festgestellt wird, der Patient den Zahnersatz aber über Jahre trägt, ohne sich nachbehandeln zu lassen, stellt der Zahnersatz für den Patienten einen wirtschaftlichen Wert dar, so dass der Honoraranspruch in diesem Fall nicht untergeht. In einem vom OLG Köln (OLG Köln, 30.03.2015, 5 U 139/14) entschiedenen Fall trug die Patientin den Zahnersatz sechseinhalb Jahre und begründete dies damit, dass sie wegen der Beweissicherung sowie aus finanziellen und gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, eine Nachbehandlung in der Zwischenzeit durchführen zu lassen. Diese Gründe hat das OLG Köln nicht anerkannt, sondern vielmehr ausgeführt, dass der Honoraranspruch des Zahnarztes weiterhin besteht, weil es für die Beurteilung der Unbrauchbarkeit keine Rolle spielt, aus welchem Grund der Patient eine Nachbehandlung nicht durchführen lässt. Entscheidend ist -auch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung- dass die Arbeit für den Patienten objektiv wertlos ist, was nicht der Fall ist, wenn der Patient sie gleichwohl nutzt.
Bei der Geltendmachung des Honorars im gerichtlichen Wege wird meist vom Patienten zum Nachweis, in welcher Höhe Kosten für eine Nachbesserung von ihm aufgewendet werden müsse, ein Heil- und Kostenplänen eines Kollegen vorlegt. Der Patient hat aber keinen Anspruch auf fiktive Behandlungskosten, d.h. er kann nur dann mit einem möglichen Schadensersatzanspruch gegen den Honoraranspruch aufrechnen, wenn er die Behandlung tatsächlich hat durchführen lassen und die Kosten tatsächlich bereits aufgewendet hat oder die Maßnahmen bereits konkret in Angriff genommen hat (vgl. BGHZ 97, 14). Hieran fehlt es meist, so dass auch nicht, nachgewiesen durch einen Heil- und Kostenplan, mit solchen Kosten aufgerechnet werden kann. Auch ein Zurückbehaltungsrecht kann der Patient nicht geltend machen.
Stellt sich eine zahnprothetische Arbeit somit als mangelhaft dar, bedeutet dies nicht, dass der Honoraranspruch des Zahnarztes / der Zahnärztin in jedem Fall untergeht. Vielmehr ist zunächst zu klären, ob die Leistung unbrauchbar ist. Sollte dies nicht der Fall sein, kann der Patient, wenn er die Nachbesserung bei einem Nachbehandler durchführen lässt, nur mit den Kosten aufrechnen, die ihm tatsächlich für die Schadensbeseitigung entstanden sind. Ist die Arbeit hingegen unbrauchbar, was vom Patienten bewiesen werden muss, geht der Honoraranspruch nur dann unter, wenn der Patient die Arbeit nicht weiter wirtschaftlich nutzt.
Es bedarf daher sehr sorgfältiger Überlegungen im Einzelfall, ob eine Honorarklage bei festgestellten Mängeln aussichtslos ist.
Bei Klagen auf Schadensersatz wegen Mängel stelle ich auch immer wieder fest, dass vom Patienten vielfach ein Heil- und Kostenplan eines anderen Zahnarztes vorgelegt wird, der Leistungen ausweist, auf die der Patient im Rahmen des Schadensersatzes keinen Anspruch hat und die er mit dem Erstbehandler auch -aus welchen Gründen auch immer- nicht vereinbart hat. So wird bei fehlerhaften Zahnersatzleistungen im Rahmen der Schadensersatzklage statt einer Regelversorgung eine Implantatversorgung beansprucht. Der in Anspruch genommene Zahnarzt sollte daher die Kongruenz zwischen der vereinbarten und der im Weg der Schadensersatzklage begehrten Leistungen überprüfen. Denn der Patient kann bei der Geltendmachung von Schadensersatz nur verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die vereinbarte Leistung fehlerfrei erbracht worden wäre.
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