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Das Gespenst Datenschutz nach der DS-GVO – eine unendliche Geschichte?

Keine andere gesetzliche Regelung hat in den letzten Jahren soviel unsinnige und zum Teil missverständliche Äußerungen hervorgerufen wie die am 25.05.2018 in Kraft getretene europäische Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO).

Besonders dadurch, dass bei einem Verstoß gegen diese Verordnung ein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter nach Art. 82 der Verordnung immer wieder in den Fokus gerückt wird, wird von interessierten Stellen die Beachtung der Verordnung auch im zahnärztlichen Berufsstand akzentuiert. Es gibt unzählige Empfehlungen, mit dem Patienten schriftliche Vereinbarungen zu treffen und es fragt sich, ob derartige zum Teil nicht verständliche Auflagen von Seiten der Europäischen Union verlangt werden. Derartige Übertreibungen bedürfen zunächst besonderer Überlegungen nach dem Inhalt und Wortlaut der DS-GVO:

Zunächst einmal gilt im Datenschutz auch nach der DS-GVO der Grundsatz, dass mit dem Patienten nur dann eine besondere Absprache erforderlich ist, wenn keine rechtliche Verpflichtung zur Beachtung des Datenschutzes durch die Zahnärztin / den Zahnarzt besteht.
Hier ist zunächst Art. 9 Abs. 2 Buchstabe f i.V.m Abs. 1 DS-GVO zu beachten. Dabei sind u.a. Gesundheitsdaten, deren Verarbeitung zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich sind, auch ohne vorherige Einwilligung der Betroffenen zulässig. Art. 6 bestimmt, dass die Verarbeitung rechtmäßig ist, wenn u.a.

Der Zahnarzt / Die Zahnärztin schließt mit dem Patienten einen sogenannten Behandlungsvertrag gem. § 630 a BGB, der die medizinische Behandlung einer Person beinhaltet. Er wird inhaltlich durch die Einwilligung des Patienten nach ärztlicher Aufklärung über das erforderlich Behandlungsgeschehen umschrieben. In den §§ 630 a ff BGB werden im Einzelnen die Verpflichtungen aus dem Behandlungsvertrag erläutert und definiert. Der Behandlungsvertrag erfordert, dass der Behandler eine Vielzahl von gesundheitlich relevanten Daten erhebt, die für das Erreichen des Gesundheitszieles erforderlich sind. Die Daten sind nach § 630 f BGB zu dokumentieren und 10 Jahre aufzubewahren. Nach der Berufsordnung und dem Strafgesetzbuch (§ 203 StGB) hat der Behandler über alle ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordenen Umstände Stillschweigen zu wahren. Dies betrifft auch die Personen, die in seinem Auftrage in der Praxis tätig sind (§ 203 Abs. 3 StGB).
Die während der Behandlung erhobenen Daten bedürfen keiner gesonderten Vorschrift der Geheimhaltung durch den Datenschutz und bedürfen auch nach den aufgeführten Bestimmungen der DS-GVO keines besonderen Schutzes, da sie bereits in ausreichendem Maße durch die Geheimhaltungsvorschriften gesichert sind. Daraus folgt, dass die Zahnärztin / der Zahnarzt keine besondere Pflicht hat, mit dem Patienten über derartige der Geheimhaltung ohnehin obliegenden Umstände noch eine besondere Einwilligung zur Verarbeitung von Behandlungsdaten einzuholen. Dies gilt gleichermaßen für privat- wie sozialversicherte Personen. Eine vorsorgliche Vereinbarung mit dem Patienten erscheint auch unsinnig, denn sie erweckt den Anschein, dass der Patient hinsichtlich der Verarbeitung dieser Daten eine freie Wahl habe. Dies ist nicht der Fall, insbesondere hat der Patient kein Recht auf Widerruf oder Widerspruch zur Verarbeitung dieser Daten.

Eine schriftliche Einwilligung des Patienten zur Verarbeitung personenbezogener Daten ist aufgrund der neuen DS-GVO daher unsinnig, wenn eine Pflicht zur Geheimhaltung der Daten besteht.

Jede Zahnärztin / jeder Zahnarzt, der praktisch tätig ist, weiß, hinsichtlich welcher Daten eine Geheimhaltungspflicht besteht. Sie richtet sich nach dem Umfang der Daten, die erforderlich sind, um den Patienten optimal gesundheitlich zu versorgen.

Auch aus sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen ergibt sich die Verpflichtung des Zahnarztes / der Zahnärztin zur Datenverarbeitung und Weitergabe von Behandlungsdaten, zum Beispiel:

Daraus folgt zugleich für die tägliche Praxis, dass die Verarbeitung solcher Daten, die nicht erforderlich sind, den Patienten optimal zu versorgen, nicht verarbeitet werden dürfen, es sei denn, der Patient willigt in die Verarbeitung ausdrücklich ein. Eine solche Einwilligung sollte tunlichst schriftlich erfolgen. Zu denken ist dabei u.a. an die Absprache zur Verarbeitung von Daten durch Verrechnungsstellen, für die Übermittlung von Behandlungsdaten an einen anderen Leistungsträger, z.B. Fachzahnarzt (§ 72 Abs. 1b SGB V) oder gewerbliches Labor.

Wenn der Grundsatz beachtet wird, dass nur solche Behandlungsdaten ohne ausdrückliche Einwilligung des Patienten erhoben und verarbeitet werden dürfen, die für die Behandlung erforderlich sind und bereits in der Vergangenheit den besonderen Schutzvorschriften der Geheimhaltung unterlagen, wird das Gespenst des Datenschutzes nach der DS-GVO kalkulierbar.

Bei der Verarbeitung von Daten der Patienten durch die Zahnärztin / den Zahnarzt sind daher folgende Grundsätze zu beachten:

  1. Es besteht keine Verpflichtung, das Einverständnis des Patienten einzuholen oder zu erklären, die die Zahnärztin / der Zahnarzt zur Erfüllung ihrer/seiner Verpflichtungen nach dem Behandlungsvertrag benötigt oder die zur Erfüllung vertragszahnärztlicher Pflichten erforderlich sind. Dies gilt auch für die Geltendmachung von Honorarforderungen gegenüber Gerichten und Behörden. In allen Fällen, in denen ein Einverständnis nicht erforderlich ist, ist auch eine nur vorsorgliche Einverständniserklärung nicht empfehlenswert.
  2. In allen anderen Fällen, insbesondere bei der Verarbeitung von Daten gegenüber privaten Abrechnungsstellen oder Behörde ist ein schriftliches Einverständnis des Patienten erforderlich. Selbst wenn eine solche Erklärung schriftlich nicht vorgeschrieben ist, sollte sie tunlichst schriftlich vom Patienten erteilt werden.
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