Bin rund um die Uhr überall erreichbar!
Auch der 75. Tipp soll sich, wie die vorhergehenden, mit Alltagsproblemen befassen; diesmal mit dem Telefonieren im Auto:
Dank Mobiltelefon (Handy/Smartphone) ist die Erreichbarkeit Rund um die Uhr kein Problem. Vielfach kommt der Anruf aber zur unpassenden Zeit.
Bekannt ist, dass telefonieren während der Fahrt mit dem Mobiltelefon gem. § 23 Abs. 1 a STVO verboten ist. Derjenige, der ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnehmen und/oder halten muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist. Klingelt das Telefon und verfügt man über keine Freisprechanlage, bleibt einem nur die Möglichkeit, zu halten und den Motor abzuschalten, wenn man den Anruf entgegennehmen will. Anderenfalls droht für den Fahrer eines PKW ein Bußgeld (§ 23 Abs. 1a, § 49 I Nr. 22 STVO, § 24 StVG, Nr. 246.1 BkatV) in Höhe von 60 Euro.
Doch wie ist die Rechtslage wenn das Telefon klingelt, während man vor einer Ampel steht und das Auto über eine sogenannte Start-Stopp-Funktion verfügt, d.h. sich selbständig ausschaltet? Mit dieser Frage hatte sich das OLG Hamm zu befassen. Es entschied, dass solange das Fahrzeug ausgeschaltet ist, ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO nicht vorliegt (OLG Hamm, Beschluss vom 09.09.2014, AZ: 1 RBs 1/14). Das OLG Hamm führt aus, dass der Gesetzgeber nicht darin unterschieden hätte, ob der Motor automatisch ausschaltet oder der Fahrer den Wagen bewusst ausschaltet. Entscheidend sei allein, dass das Fahrzeug ausgeschaltet ist und eine Beeinträchtigung des Fahrers während des Fahrens nicht mehr gegeben ist. Folgt man dieser Entscheidung, können sie vor einer Ampel ihr Mobiltelefon bedienen, solange der Motor ausgeschaltet ist. Hier droht lediglich eventuell Ärger von den Ihnen folgenden Fahrern. Ein Hupkonzert kann das Verweilen vor der Ampel schon mal Wert sein, es kommt freilich darauf an, wer anruft.
Eine andere typische Situation ist auch, dass das Handy während der Fahrt klingelt und der Fahrer es lediglich an seinen Beifahrer weiterleitet, damit dieser das Telefonat für den Fahrer führt. Mit einem vergleichbaren Sachverhalt hatte sich das OLG Köln (07.11.2014, AZ: III-1 RBs 284/14) zu befassen. Das Gericht stellt dabei für ein mögliches Bußgeld auf die Funktionalität des Mobiltelefons ab. Das OLG Köln führt aus, dass es nicht der Funktionalität des Mobiltelefons entspricht, wenn das Gerät lediglich von einem Ort aufgenommen und am anderen Ort wieder abgelegt wird, d.h. lediglich an den Beifahrer weitergegeben wird, ohne dass auf das Display zuvor geschaut wurde. Problematisch dabei ist nur, den Beweis im Einzelfall zu führen. In dem vom OLG Köln entschiedenen Fall wurde das Verfahren daher auch erneut an das Amtsgericht verwiesen, damit das Amtsgericht den Sachverhalt weiter aufklären kann. Das Amtsgericht muss nun klären, ob das Mobiltelefon lediglich verlegt wurde oder ob nicht doch der Fahrer einen Blick aufs Display geworfen hat. Hier wiehert der Amtsschimmel!
Mittlerweile ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass folgende Verhaltensweisen dem Benutzungsverbot eines Mobiltelefons am Steuer unterfallen (OLG Köln a.a.O.):
- das Aufnehmen des Mobiltelefons, Ablesen der Nummer und anschließende Ausschalten des Geräts
- das „Wegdrücken” eines eingehenden Anrufs
- das Aufnehmen des Mobiltelefons, um ein eingehendes Gespräch entgegenzunehmen, auch wenn die Verbindung letztlich nicht zu Stande kommt
- das Abhören eines Signaltons, um dadurch zu kontrollieren, ob das Handy ausgeschaltet ist
Wer daher nicht in Versuchung geraten will, durch sein Mobiltelefon während der Fahrt gestört zu werden, sollte es entweder auf lautlos stellen oder so deponieren, dass er nicht gestört wird oder der Beifahrer es unproblematisch aufnehmen kann.
Auch wenn es den Alltag erleichtert, sollte -wenn es denn sein muss- die Zeit vor der Ampeln nur dann mit dem Schreiben einer SMS / WhatsApp oder eines Telefonats etc. genutzt werden, wenn das Fahrzeug über eine Start-Stopp-Funktion verfügt und der Wagen ausgeschaltet ist.
Übrigens, wer glaubt, dass ihn dieses Verbot nicht treffen könnte, weil er lieber Fahrrad fährt, der irrt. Für ihn ist lediglich das Bußgeld geringer und beträgt gem. Nr. 246.2 BKatV 25,00 Euro.
Wenn man sich im Alltag umsieht, erscheint die „Dunkelziffer”, erwischt zu werden, sehr groß. Wie heißt es so schön: … man muss sich nur nicht erwischen lassen!
Dies war Rechtstipp Nr. 75. Wir, die Bürogemeinschaft Rechtsanwälte Boldt, hoffen, Ihnen hat der eine oder andere Rechtstipp weitergeholfen und würde uns über ein Anregungen und Meinungen Ihrerseits freuen.
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