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Berufsgenossenschaftlicher Haftungsausschluss bei Wegeunfällen

Angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bekanntlich gegen Arbeitsunfälle bei der zuständigen Berufsgenossenschaft versichert. Die Prämien hierfür zahlt der Arbeitgeber.

Ein Arbeitsunfall setzt einen inneren und sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit voraus. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls muss nach ständiger Rechtsprechung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – führen (Unfallkausalität) und einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 8 SGB VII versicherten Tätigkeiten zählt auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs von und nach dem Ort der Tätigkeit. Dabei ist nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert, also der Vorgang des sich Fortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist.

Durch die Mobilität der Menschen in der heutigen Zeit ist es nicht selten, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer größeren Entfernung zum eigentlichen Arbeitseinsatzort wohnen und daher regelmäßig zum Beispiel mit einem eigenen Auto zum Arbeitseinsatzort fahren. Dabei gibt es Situationen, die von der Rechtsprechung auch als Arbeitsunfall ausgeschlossen worden sind. Diese Umstände sind vermeidbar und führen zu erheblichen Nachteilen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Geltendmachung von Unfallversicherungsschäden. Hierzu hat das Bundessozialgericht gerade in letzter Zeit zwei interessante Fälle zu beurteilen gehabt, die jedem Arbeitnehmer unterlaufen können:

1. In dem einen Fall (Aktenzeichen: B 2 U 11/16) hatte ein Versicherter auf seine Mittagspause verzichtet und verspürte auf dem Heimweg mit seinem KFZ ein unüberwindbares Hungergefühl. Er entdeckte eine Metzgerei und parkte sein Fahrzeug auf der gegenüberliegenden Seite der Metzgerei. Dort kaufte er sich eine kräftigende Nahrung und ging zurück zu seinem Fahrzeug. Er öffnete die Beifahrertür und stellte seinen Einkauf dort ab und wollte um das Heck des Autos zur Fahrerseite gehen, um den Weg nach Hause fortzusetzen. In Höhe des rechten Kotflügels stürzte er und zog sich unter anderem einen Oberschenkelbruch und einen Bruch der rechten Hand zu.
Das Bundessozialgericht (BSG) verneinte einen Wegeunfall: Durch den Einkauf sei der an sich versicherte Weg zur Wohnung nicht nur geringfügig unterbrochen worden. Es bestehe grundsätzlich kein Versicherungsschutz, wenn Lebensmittel allein zum Verzehr für zu Hause besorgt werden. Spätestens in dem Moment, in dem der Versicherte sein Fahrzeug auf der rechten Seite anhielt, um einzukaufen, entfiel für ihn der Versicherungsschutz. Der Versicherte habe zwar bereits die Beifahrertür geöffnet gehabt, der Unfall sei jedoch eine abgrenzbare Unterbrechung und die Wiederbegründung des Versicherungsschutzes sei nicht durch das Ende der Unterbrechung der Handlung begründet worden. Diese Unterbrechung wäre nach dem Sinn der BSG-Entscheidung dann erst beendet gewesen, wenn der Versicherte seinen Wagen wieder in Richtung Heimweg in Gang gesetzt hätte.

2. In dem weiteren vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall (Aktenzeichen: B 2 U 1/16) hatte der heimfahrende Versicherte gegenüber einer Bäckerei auf der rechten Straßenseite geparkt und die Straße dann überquert, um sich bei der Bäckerei etwas Leckeres zu kaufen. Als er die Bäckerei erreicht hatte, kehrte er jedoch wieder um, weil die Schlange vor der Bäckerei ihm zu lang erschien. Beim Rückweg zu seinem Auto stolperte er und fiel kurz vor seinem Wagen hin. Auch hier hat das BSG das Vorliegen eines Wegeunfalls verneint.
Der Versicherte habe sich zwar auf einem versicherten Weg befunden. Durch das Parken des Wagens habe er jedoch seinen Versichertenschutz unterbrochen, da der Einkauf eine private Handlung darstelle. Auch der Umstand, dass der Versicherte schließlich den Kaufversuch aufgab, habe nicht zu einer Beendigung der Unterbrechung geführt. Es habe noch nicht zu einer objektiv erkennbaren Wiederbegründung des Versicherungsschutzes als objektives Merkmal im Sinne einer das Ende markierenden Handlung geführt. Dieses sei nur durch Fortsetzung der Autofahrt erkennbar gewesen, was im vorliegenden Fall durch den Unfall verhindert wurde.

Der Einkauf von Lebensmitteln auf der Heimfahrt von der Arbeitsstätte oder auf dem Weg zur Arbeit ist ein Vorgang, der nicht ungewöhnlich ist und durch diese Entscheidungen nicht verhindert werden soll. Man wird sich jedoch überlegen müssen, dass Wegeunfälle eine versicherungsrechtliche Grenze haben können, die im Falle eines Unfalls evident wird.

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