Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten
In der forensischen Praxis begegnet man auch im zahnärztlichen Bereich vielfach bei Auseinandersetzungen über zahnärztliche Maßnahmen dem Einwand der fehlenden alternativen Aufklärung. Hierunter versteht man die Unterrichtung des Patienten darüber, wenn für eine medizinisch sinnvoll und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (BGH, Urteil vom 06.10.2004, XII ZB 133/04).
Durch das Patientenrechtegesetz hat der Gesetzgeber in § 630 e Abs. I Satz 3 BGB diese vom BGH entwickelte Rechtsprechung und Definition gesetzlich normiert. Der Arzt hat den Nachweis zu erbringen, dass er die Aufklärung auch über Behandlungsalternativen durchgeführt hat (§ 630 h Abs. II Satz 1 BGB).
Beispielsweise hat der Zahnarzt nach der Rechtsprechung über Behandlungsalternativen einer Wurzelbehandlung im Verhältnis zu einer Zahnextraktion eines tief zerstörten Zahnes aufzuklären.
Die Aufklärung gem. § 630 e Abs. 1 Satz 3 BGB soll dem Patienten die Schwere und Tragweite eines etwaigen Eingriffs verdeutlichen und ausreichend informieren, damit er eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts hat und entscheiden kann, ob und in welche Behandlung er einwilligt. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung trägt daher der Arzt/Zahnarzt.
Grundsätzlich ist der Patient mündlich aufzuklären, ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält.
Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich erfolgen. Gerade in der letzten Zeit sind in diesem Bereich erhebliche praktische Probleme aufgetreten. Zu denken ist beispielsweise an die Behandlung von Ausländern, die über keine ausreichenden Sprachkenntnisse verfügen. Hier sollte zum Beispiel auf jeden Fall darauf gedrungen werden, dass bei dem Behandlungsgespräch ein Dolmetscher anwesend ist und durch Fragestellungen zu gewährleisten, dass der Patient bei der Übersetzung die Tragweite der beabsichtigten Maßnahme übersieht.
Die Aufklärung ist so rechtzeitig durchzuführen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohl überlegt treffen kann und sie muss für den Patienten verständlich sein. Sie ist entbehrlich, soweit besondere Umstände vorliegen, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet. In dem Fall, dass der Patient ausdrücklich auf die Aufklärung verzichtet, sollte dies aber auf jeden Fall dokumentiert werden.
Zwar hat der Arzt/Zahnarzt die Aufklärung zu beweisen, aber der BGH hat entschieden, dass der Arzt seiner Nachweispflicht genügt, wenn die Einverständniserklärung vom Patienten unterschieben worden ist und der Arzt ohne konkrete Erinnerung in nachvollziehbarer und stimmiger Weise die übliche Vorgehensweise schildert (BGH, 08.10.1997, AZ. 7 U 61/96). An den Nachweis der geschuldeten Aufklärung dürfen nicht unbillige oder übertriebene Anforderungen gestellt werden. Schriftliche Aufklärungen sind zwar nützlich, aber nicht zwingend. Die mündlich erklärte Einwilligung des Patienten sollte aber dokumentiert werden und ebenso hilfreich ist es, Vorgehensweisen zu entwickeln, nach denen bei der Aufklärung vorgegangen wird.
Wird der Patient nicht in ausreichender Weise vom Behandelnden über mögliche Alternativen aufgeklärt oder kann der Behandelnde dies im Falle einer prozessualen Auseinandersetzung nicht nachweisen, liegt ein Aufklärungsfehler vor, mit allen dadurch entstehenden rechtlichen Konsequenzen. Das bedeutet, dass der Patient mangels Kenntnis der Behandlungsalternativen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist, nicht wirksam in die Behandlung einwilligt hat und letztendlich der Arzt/Zahnarzt eine Körperverletzung begangen hat.
Hiervon zu unterscheiden ist die sogenannte therapeutische Aufklärung (§ 630 c Abs. II BGB). Bei Verletzung dieser Aufklärungsobliegenheit begeht der Behandelnde einen Behandlungsfehler.
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