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Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung: „Ärzte und Zahnärzte sollten mehr über den Nationalsozialismus wissen!“

19. September 2020 9:10

Ergänzung der Approbationsordnung gefordert.

Eine Meinung

Mit der Untersuchung der Rolle der Zahnärzte während des Dritten Reiches stelle die Zahnärzteschaft sich ihrer Verantwortung, und die Ergebnisse der Aufarbeitung der Rolle der Zahnärzteschaft in der NS-Zeit müssten in die Lehre in den Universitäten getragen werden, lautet die weiterreichende Forderung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein. Und er fordert in diesem Sinne eine Ergänzung der Approbationsordnung für Zahnärzte.

Weiter führte Klein aus: „Es gibt heute zu viele Mediziner, die unzureichende Kenntnisse über die Rolle der Medizin im Dritten Reich haben – und hier schließe ich Zahnmediziner mit ein. Beispielsweise fehlt es an Wissen über die menschenverachtenden Versuche und die eklatanten Verstöße gegen den Hippokratischen Eid von Ärzten und Zahnärzten in der Zeit des Nationalsozialismus.“

Klein verwies ferner darauf, dass sich seinerzeit mehr als 60 Prozent der Hochschullehrer der Zahnheilkunde und der Kieferchirurgie der NSDAP angeschlossen hätten und kommt zu der Feststellung, dass es sich im Vergleich zu anderen Berufsgruppen um einen „weitaus höheren Prozentsatz“ gehandelt hätte. Wie hoch mag wohl der Prozentsatz bei Hochschullehrern in der juristischen Fakultät gewesen sein?

Ganz ohne Frage kann – und gerade in dieser Zeit – nicht oft genug auf die Gräuel der NS-Zeit und an die Beteiligung weiter Bevölkerungsteile und Berufsgruppen erinnert werden. Aus Sicht des Berufsstandes ist die geschichtliche Betrachtung und Aufarbeitung der Gräueltaten, in die Ärzte und Zahnärzte passiv verflochten oder an denen sie aktiv beteiligt waren, eine wichtige Aufgabe.

Allerdings kann man Zweifel daran haben, ob im Jahr 2020 eine Ergänzung der Approbationsordnung – in diesem Fall für Zahnärzte – sinnvoll ist. Ist es nicht vielmehr Aufgabe der Gesellschaft, des Schulsystems und der Politik, ständig an die NS-Zeit, ihre begünstigenden Umstände und das Leid, das sie über die Welt gebracht hat, zu erinnern und aufzuklären – nicht zuletzt, um ähnliche Entwicklungen für die Zukunft auszuschließen und ihren Anfängen frühzeitig zu begegnen?

Eine Approbationsordnung für Zahnärzte, deren Anpassung alleine aus fachlicher Sicht seit Jahrzehnten dringend notwendig ist und die von der Politik – aus welchen Gründen auch immer – nicht angefasst wird, soll nun bei einem ohnehin umfangreichen Lernkatalog mit einem Thema ergänzt werden, das mit der direkten Berufsausübung nichts zu tun hat?

Nicht nur Ärzte und Zahnärzte sollen mehr über den Nationalsozialismus und seine Auswirkungen auf den Berufsstand wissen, sondern alle Alt- und Neu-Bürger dieses Landes sollten informiert sein.

Wie sieht es beispielsweise mit der Rolle von NS-Tätern unter Richtern aus? Die logische Schlussfolgerung wäre doch, auch für diese und weitere Berufsgruppen, die aktiv an der Drangsalierung und schließlich Ermordung von Menschen direkt oder indirekt beteiligt waren, in ihren aktuellen universitären Ausbildungsplänen entsprechende berufsspezifische Lernmodule zu integrieren.

Ständiges Erinnern, Mahnen und nicht zuletzt Gedenken – ja!, aber keine Überfrachtung mit Lerninhalten, die in erster Linie dem politischen Raum zuzuordnen sind.

Politisierung einer Fachausbildung vermeiden

Möglicherweise ist auch der Zeitpunkt der Forderung zumindest unglücklich gewählt; denn letzten Endes hat der Forderungsinhalt auch etwas mit Schuldzuweisung zu tun und könnte zumindest als ein Hauch von Schulmeisterei gegenüber der jungen Generation wahrgenommen werden. Schuldzuweisung gegenüber einem Berufsstand, der es in dieser Zeit ohnehin schwer hat, in der medialen Öffentlichkeit die Anerkennung zu finden, die ihm zusteht.

Das haben insbesondere die jungen Kolleginnen und Kollegen nicht verdient!

Dr. Michael Loewener

 

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