by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
Presseinformation der ABDA (Bundesereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V.) vom 19.10.2023:
Den Patientinnen und Patienten droht eine Verschlechterung der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung mit Apotheken, Arzt- und Psychotherapiepraxen sowie Zahnarztpraxen. Um genau dies zu vermeiden, gibt es nun einen noch nie dagewesenen Schulterschluss zwischen Apothekerschaft, Ärzteschaft und Zahnärzteschaft.
In der Bundespressekonferenz hatten Gabriele Regina Overwiening (Präsidentin der ABDA), Dr. Andreas Gassen (Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV) sowie Martin Hendges (Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung KZBV) heute (19. Oktober) die Möglichkeit gemeinsam die Hauptstadtpresse über die schwierige Lage im Gesundheitswesen zu informieren. Ihr Appell: Bundeskanzler Olaf Scholz soll schnell handeln und die Gesundheitspolitik zur Chefsache machen!
Overwiening: “Vor knapp zwei Jahren ist die Ampel-Koalition mit dem Anspruch angetreten, diese ambulante Versorgung kontinuierlich zu verbessern. Jetzt – zur Hälfte der Legislaturperiode – müssen wir – die drei freien Heilberufe – leider feststellen, dass sich die Gesundheitspolitik dieser Bundesregierung nicht am Versorgungsalltag orientiert.”
Der ABDA-Präsidentin geht es auch um die Wertschätzung: “In der Lieferengpass-Krise beweisen die Apotheken erneut, wie wichtig sie für die Daseinsvorsorge sind. Im Auftrag der Politik übernehmen sie immer mehr Aufgaben in der wohnortnahen Versorgung – doch trotz steigender Kosten wurde unsere Vergütung seit elf Jahren nicht angepasst. Infolgedessen befindet sich die Apothekenzahl im Sinkflug. Die Bundesregierung muss das flächendeckende Apothekennetz schnellstmöglich stabilisieren!“
Overwiening warnte explizit vor aktuellen Plänen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach, die Vorgaben für neue Apotheken-Filialen zu lockern. “Gerade in Landkreisen mit vielen Filialapotheken werden die Menschen nachts und am Wochenende vergeblich nach einer Apotheke suchen, die sie noch versorgt. Und wenn wieder ein Arzneimittel nicht lieferbar ist, werden die übrig gebliebenen, verstümmelten Scheinapotheken auch keine Arzneimittel mehr selbst herstellen können, weil es das dafür nötige Labor und die Rezeptureinrichtung nicht mehr gibt“, so Overwiening und fügte hinzu, dass der SPD-Politiker Karl Lauterbach mehrfach versprochen habe, dass es mit ihm keine Leistungskürzungen geben werde.
Der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen erinnerte in seinem Statement an die Versprechen der Politik: “Wir wissen, dass viele der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen schon jetzt die Notwendigkeit sehen, ihr Leistungsangebot einzuschränken. Minister Lauterbach hat seinerzeit versprochen, unter ihm werde es keine Leistungskürzungen geben. Tatsächlich läuft seine ganze Politik aber genau darauf hinaus, wenn er die ambulanten Strukturen mit selbstständigen Freiberuflern als Rückgrat der Versorgung zerstört.“
Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV, warnte vor Kürzungen: “Die Kostendämpfungspolitik der Bundesregierung und insbesondere die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verankerte strikte Budgetierung haben schon jetzt verheerende Folgen für die zahnärztliche Patientenversorgung – insbesondere für die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie. Parodontitis ist eine komplexe Entzündungserkrankung des Menschen und steht in direkter Wechselwirkung mit Diabetes mellitus und nimmt zudem Einfluss auf weitere schwere Allgemeinerkrankungen. Im Sinne einer präventionsorientierten Patientenversorgung ist es zwingend erforderlich, die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung noch in diesem Jahr auszunehmen!”
© ABDA
Statement von Martin Hendges in der Bundespressekonferenz
Man muss wissen, dass jeder zweite Erwachsene daran leidet. Parodontitis ist nicht beschränkt auf den Zahn- und Mundbereich. Unbehandelt ist sie die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust und steht in Verbindung mit Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen und weitere schwere Allgemeinerkrankungen. Eine Verbesserung der parodontalen Gesundheit würde zur Vorbeugung und Kontrolle dieser Erkrankungen beitragen. Daher war es auch eine „kleine Revolution“ für unseren Versorgungsbereich, als im Juli 2021 der Gemeinsame Bundesausschuss den Leistungsumfang für die GKV-Versicherten um eine neue, präventionsorientierte und einer bis zu drei Jahren andauernden Behandlungsstrecke zur Bekämpfung der Parodontitis erweitert hat. Die bis dato gültige Richtlinie entsprach schon seit Jahrzehnten nicht mehr dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, was u. a. auch aufgrund von Zugangsvoraussetzungen dazu führte, dass die Anzahl der Behandlungen in einem deutlichen Missverhältnis zur Zahl der Krankheitsfälle lag.
Mitten in diese Einführungsphase grätschte das Spargesetz von Minister Lauterbach und entzieht somit der Parodontitisversorgung die finanziellen Mittel. Schon im Gesetzgebungsverfahren im letzten Jahr hatten wir vor den Folgen eingehend gewarnt. Deshalb hat der Deutsche Bundestag das BMG gesetzlich dazu verpflichtet, die Auswirkungen auf die Parodontitisversorgung bis zum 30. September 2023 zu evaluieren. Heute ist der 19. Oktober: Das Ergebnis dieser Evaluation liegt uns bis heute nicht vor!
Um den Diskurs zu diesem wichtigen Versorgungsthema anzustoßen, haben wir gemeinsam mit der Wissenschaft, der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie, einen eigenen Evaluationsbericht erarbeitet und diesen im September veröffentlicht. DenBericht finden Sie auf unserer Website. Er belegt, welche fatalen Auswirkungen das GKV-FinStG bereits jetzt schon entfaltet. Eklatant ist der Einbruch bei den Neubehandlungsfällen: Mit rund 92.400 Neubehandlungsfällen im Juli 2023 sind wir bereits jetzt auf das niedrige Niveau vor Einführung der neuen Behandlungsstrecke zurückgefallen. Und ein Ende dieses Trendverlaufs ist nicht absehbar.
Im Gegenteil: 2024 verschärft sich die Problematik durch das GKV-FinStG noch weiter, da nur noch die Mittel für die unterstützende Parodontitistherapie bei bereits laufenden Behandlungen aus den Vorjahren zur Verfügung stehen. Für neue Behandlungsfälle stehen dann keine Mittel mehr zur Verfügung – mit fatalen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung.
Behauptet Minister Lauterbach also nach wie vor, dass keine Leistungen gekürzt werden, ignoriert er die Konsequenzen seines Handelns! Noch absurder wird das Ganze, wenn man die Folgekosten nicht frühzeitig behandelter Parodontitis betrachtet: Im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese auf rund 200 Mio. Euro jährlich. Schlimmer noch: Die indirekten Krankheitskosten von unbehandelter Parodontitis, z.B. durch Produktivitätsverlust aufgrund der Abwesenheit vom Arbeitsplatz,liegen laut einer international vergleichenden Studie für Deutschland bei fast 35 Mrd. Euro.
Zusätzlich ist von deutlich negativen Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit der Bevölkerung und dadurch von Folgekosten auch im ärztlichen Sektor auszugehen – insbesondere im Zusammenhang mit Diabeteserkrankungen.
Bereits seit Jahrzehnten hat die Zahnmedizin mit ihrer präventionsorientierten Ausrichtung eindrucksvolle Erfolge erzielt. So ist der Anteil der zahnärztlichen Versorgung an den GKV-Gesamtausgaben in den vergangenen 20 Jahren um fast ein Drittel auf 6,1 Prozent gesunken.
Mein dringender Appell geht daher insbesondere an Bundesgesundheitsminister Lauterbach, aber auch an die Ampel-Koalition: Nehmen Sie die Leistungen der Parodontitistherapie noch in diesem Jahr aus der Budgetierung heraus. Für andere Präventionsleistungen ist dies im Gesetz bereits verankert. Alles andere hat fatale und vor allem dauerhafte Auswirkungen auf die Patientenversorgung.
Es gilt das gesprochene Wort.
KZBV
by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
Bericht belegt fatale Auswirkungen der aktuellen Sparpolitik auf die zahnmedizinische Versorgung
Berlin, 29. September 2023 – Im 1. Halbjahr 2023 gingen die Neubehandlungsfälle für die dreijährige neue, präventionsorientierte Parodontitis-Behandlungsstrecke bundesweit signifikant zurück, bei einer weiterhin unverändert hohen Krankheitslast. Gravierende negative Auswirkungen auf die Mund- und Allgemeingesundheit der Bevölkerung sind die Folge. Dies geht aus dem Evaluationsbericht hervor, den die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) vorgelegt hat. Der Bericht belegt erstmals anhand konkreter Daten die verheerenden Auswirkungen des im vergangenen Jahr in Kraft getretenen GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) auf die Parodontitisversorgung in Deutschland.
Hierzu Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV: „Unsere Evaluation zeigt, dass die Zahl der Parodontitisbehandlungen nach Einführung der neuen, präventionsorientierten Behandlungsrichtlinie im Juli 2021 auch aufgrund des erleichterten Zugangs zur Therapie gestiegen ist – ein voller Erfolg für die Patientenversorgung. Die Regelungen des GKV-FinStG führen jetzt aber dazu, dass die Mittel nicht ausreichen, um die neue Parodontitistherapie flächendeckend auf ein Niveau zu heben, das der hohen Krankheitslast angemessen ist. Denn zusätzlich zu der hohen Zahl an Neubehandlungsfällen müssen wir ausgehend von der neuen dreijährigen Behandlungsstrecke die Weiterbehandlung der in den Vorjahren begonnenen Fälle gewährleisten. Bleiben die gesetzlichen Rahmenbedingungen unverändert, wird der rückläufige Trend bei den Neuversorgungsfällen zwangsläufig anhalten. Dies käme einem Scheitern der neuen, präventionsorientierten Parodontitisversorgung gleich und würde die Negativfolgen für die Patientenversorgung weiter verschlimmern. Hinzu kommen erhebliche finanzielle Belastungen für die Krankenkassen durch Folgekosten im zahnmedizinischen, aber auch im allgemein-medizinischen Bereich. Aus diesen Gründen besteht dringender politischer Handlungsbedarf. Es ist zwingend erforderlich, die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung des GKV-FinStG noch in diesem Jahr auszunehmen!“
Prof. Dr. Henrik Dommisch, Präsident der DG PARO: „Parodontitis ist eine komplexe Entzündungserkrankung des Menschen, an der jeder zweite Erwachsene leidet. Unbehandelt ist sie die häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Sie steht in direkter Wechselwirkung mit Diabetes mellitus und nimmt zudem Einfluss auf weitere schwere Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rheumatische Erkrankungen und kann ein erhöhtes Risiko für die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen darstellen.“
„Notwendige Präventionsmaßnahmen wurden lange Zeit durch die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen nicht ausreichend abgedeckt. Mit der im Juli 2021 eingeführten neuen, präventionsorientierten Parodontitistherapie, die auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, können Patientinnen und Patienten umfassend und am individuellen Bedarf ausgerichtet behandelt werden. Damit ist diese Parodontitisbehandlung, die sich über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren erstreckt, eine zentrale Präventionsleistung für die Mund- und Allgemeingesundheit und wurde völlig zurecht bei ihrer Einführung von allen Beteiligten, das heißt auch von den Krankenkassen und dem Bundesministerium für Gesundheit, als „Meilenstein“ für die Mundgesundheit in Deutschland begrüßt“, sagte Prof. Dr. Peter Eickholz, ehemaliger Präsident und Mitglied der DG PARO.
Die zentralen Ergebnisse des Evaluationsberichtes sind:
· Im Juli 2023 lag die Zahl der PAR-Neubehandlungen lediglich bei rund 92.400 Neubehandlungsfällen, was einen Rückfall auf das Niveau vor Einführung der neuen, präventionsorientierten PAR-Behandlungsstrecke bedeutet.
· Der Trend deutet auf weiter zurückgehende Neubehandlungsfälle hin. Es ist zu befürchten, dass der durch die Gesetzgebung ausgelöste langfristige Schaden für die PAR-Versorgung künftig noch spürbarer sein wird.
· Trotz rückläufiger neuer Behandlungsfälle kommt es im Jahr 2023 durch Folgeleistungen aus bereits begonnenen Behandlungen zu steigenden Gesamtleistungsmengen. Die Regelungen des GKV-FinStG führen dazu, dass die Mittel nicht ausreichen und zunächst für die Weiterbehandlung der in den Vorjahren begonnenen Fälle aufgewendet werden müssen. Dies käme drastischen Leistungskürzungen gleich.
· Aufgrund der vertraglichen Regelungen ergeben sich regional unterschiedlich starke Auswirkungen des GKV-FinStG. Damit droht eine Versorgungslage der Versicherten, die davon abhängt, in welchem Bundesland der oder die Versicherte behandelt wird und bei welcher Krankenkasse sie oder er versichert ist.
· Die Auswirkungen des GKV-FinStG sind mit erheblichen Folgekosten für die Krankenkassen verbunden. Im zahnärztlichen Bereich summieren sich diese auf rund 200 Mio. Euro jährlich. Es ist auch von deutlich negativen Auswirkungen des GKV-FinStG auf die Allgemeingesundheit der Versicherten und dadurch von Folgekosten auch im ärztlichen Sektor auszugehen – insbesondere im Zusammenhang mit Diabeteserkrankungen.
· Indirekte Krankheitskosten von unbehandelter Parodontitis (z. B. durch Produktivitätsverlust aufgrund der Abwesenheit vom Arbeitsplatz, Zahnlosigkeit oder unbehandelter Karies bei Patienten mit Parodontitis) liegen laut einer international vergleichenden Studie für Deutschland bei rund 34,79 Mrd. Euro. Die konsequente Therapie von Parodontitis würde diese Kosten zumindest reduzieren und die Wirtschaft entlasten.
Der vollständige Evaluationsbericht und eine Kurzfassung des Berichts können unter www.kzbv.de abgerufen werden.
Hintergrund: Parodontitis und die neue Behandlungsrichtlinie
Parodontale Erkrankungen sind nach wie vor der Hauptgrund für den Verlust von Zähnen bei Erwachsenen. Jeder Zweite leidet aktuell an einer behandlungsdürftigen Parodontitis. Die Volkskrankheit steht zudem in direkter Wechselwirkung mit Diabetes und hat Einfluss auf weitere schwere Allgemeinerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und rheumatische Erkrankungen. Zudem kann sie ein erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen und schweren Corona-Verläufen darstellen. Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) hat gezeigt, dass Parodontalerkrankungen im Alter zunehmen und vor dem Hintergrund der großen demografischen Veränderungen in Deutschland zukünftig eine immer größere Rolle spielen werden. Die Behandlung dieser komplexen Entzündungserkrankung in der GKV entsprach über Jahrzehnte nicht mehr dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zudem stand die Anzahl der Behandlungen in einem deutlichen Missverhältnis zur Zahl der Krankheitsfälle. Die zum 1. Juli 2021 in den GKV-Leistungskatalog aufgenommene neue Parodontitistherapie sollte dies ändern. Diese neue Parodontitistherapie mit einer bis zu dreijährigen Behandlungsstrecke befand sich allerdings mit Inkrafttreten des GKV-FinStG immer noch in der Einführungsphase, in der ihr die Budgetierung nun die notwendigen finanziellen Mittel entzieht.
Um auf die negativen Folgen des GKV-FinStG aufmerksam zu machen und Patientinnen und Patienten sowie Zahnarztpraxen zum Protest aufzurufen, hat die KZBV im Juni die bundesweite Kampagne „Zähne zeigen“ gestartet. Alle Informationen zur Kampagne gibt es unter zaehnezeigen.info.
KZBV
Christof Weingärtner
Leiter Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Vanessa Hönighaus
Stellv. Leiterin Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: presse@kzbv.de
DG Paro
Prof. Dr. Bernadette Pretzl
Dr. Sonja Sälzer, PhD
by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
Berlin, 1. August 2023 – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den Referentenentwurf des Digital-Gesetzes (DigiG) vorgelegt. Das seit längerem angekündigte Vorhaben soll die im März 2023 vorgestellte Digitalisierungsstrategie des BMG umsetzen. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) äußert sich anlässlich der heutigen Anhörung zum Referentenentwurf im BMG kritisch zu dem Entwurf:
„Mit Unverständnis blicken wir auf die Fortsetzung der von uns immer wieder stark kritisierten Sanktions- und Fristenpolitik des BMG, die sich in dem vorgelegten Gesetzesentwurf erneut findet und kontraproduktiv auf die gesetzten Ziele wirkt. Dieser Ansatz hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Qualität der TI-Anwendungen sowie die Stabilität der Dienste gelitten haben und die Zahnarztpraxen einen unnötigen Arbeitsaufwand hatten, um die Anwendungen gangbar zu machen. Sanktionen sind ein verfehlter Weg, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens nach vorne zu bringen! Dem BMG fehlt jedes Augenmaß dafür, wie zielführend und berechtigt die Interessen der Anwenderinnen und Anwender sind. Ebenso sehen wir es kritisch, dass technische Aufgaben sowie Verwaltungslasten von den Kassen, wie zum Beispiel die Identifizierung der Versicherten, erneut in unsere Praxen verlagert werden sollen. Wir warnen davor, die Praxisteams über den bereits enorm hohen Bürokratieaufwand hinaus zusätzlich mit fachfremden Aufgaben zu belasten. Digitale und technische Innovationen müssen für die Zahnärztinnen und Zahnärzte zeitlich, wirtschaftlich und organisatorisch umsetzbar sein und für die Versorgung der Patientinnen und Patienten einen erkennbaren Mehrwert entfalten. Dazu müssen vor allem die zahnärztliche Berufswirklichkeit und die Belange der Anwenderinnen und Anwender in den Blick genommen werden! Mit und nicht gegen die Anwenderinnen und Anwender finden sich die besten Lösungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Ein Beispiel gelungener Digitalisierung im Gesundheitswesen findet sich beim Elektronischen Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ) der Zahnärzte, welches ohne Sanktionen mittels gestuftem Rollout flächendeckend in die Praxen eingezogen ist – inzwischen mit mehr als 5,5 Millionen gestellten Anträgen ein erfolgreicher Taktgeber in der TI. Bezüglich der elektronische Patientenakte (ePA) stellen wir klar, dass diese in erster Linie zu einer tatsächlich verbesserten Patientenversorgung führen muss, dabei aber zwingend praxistauglich und die damit verbundenen Aufwände für die Zahnärztinnen und Zahnärzte händelbar sein und perspektivisch zu einer Entlastung beitragen müssen. Dies erfordert wiederum eine stärkere Berücksichtigung der Anwenderperspektive der Zahnärzte und ihrer Teams. Dabei geht es vor allem darum, dass nur strukturierte und aus dem aktuellen Behandlungskontext hervorgehende und für die Versorgung wichtige Daten erfasst werden und kein unnötiger ‚Datenfriedhof‘ entsteht. Ziel muss ein reibungsloses, funktionales und aufwandarmes Befüllen und Datenmanagement sein“, sagte Martin Hendges, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.
Positiv sei an dem vorliegenden Referentenentwurf hervorzuheben, dass endlich der Forderung der KZBV entsprochen wurde und die Zahnärzte von der unnötigen und kostenverursachenden Verpflichtung befreit werden sollen, Schnittstellen zum elektronischen Melde- und Informationssystem (DEMIS) vorzuhalten.
Hinsichtlich des elektronischen Rezeptes fordert Hendges, zu dem gestuften Verfahren zur Einführung zurückzukehren: „Insbesondereist ein ausreichender Vorlauf mit schrittweise steigender Last erforderlich, um die Betriebsstabilität der Dienste zu gewährleisten und damit die Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Das EBZ hat vorgemacht, wie es geht!“. Den Zahnarztpraxen in diesem Zusammenhang mit Vergütungskürzungen zu drohen, wenn sie nicht fristgerecht nachweisen, dass sie in der Lage sind, für die Verordnungen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die elektronische Verordnung zu verwenden, bezeichnet Hendges als Hohn in Anbetracht des überdurchschnittlichen Einsatzes der Vertragszahnärzteschaft zum E-Rezept.
Das Ziel einer stärkeren Interoperabilität im Gesundheitswesen erachtet die KZBV grundsätzlich als sinnvoll und will dieses unterstützen. Allerdings sollte sie nicht als Selbstzweck oder zu Generierung großer Datenmengen zur Sekundärnutzung dienen, sondern primär der Verbesserung der Versorgung zugutekommen. Die Spezifikationen technischer, semantischer und syntaktischer Standards, Profile und Leitfäden müssen unter Einbeziehung der Zahnärzteschaft festgelegt werden. Sanktionsbewehrte Verpflichtungen zur kostenfreien Herausgabe und Übermittlung personenbezogener Gesundheitsdaten in einem interoperablen Format lehnt die KZBV nachdrücklich ab.
Die gemeinsame Stellungnahme von KZBV und BZÄK zum Digitalgesetz ist in den kommenden Tagen unter www.kzbv.de und www.bzaek.de abrufbar.
Hintergrund:
Im März hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach seine „Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen und die Pflege“ vorgestellt und in diesem Zusammenhang das Digitalgesetz (DigiG) mit dem Kernstück elektronische Patientenakte (ePA) angekündigt. Inhalte des Strategiepapiers sind neben einer Vision und Zielen für die Digitalisierungsvorhaben auch regulatorische Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Strategieumsetzung. So sollen bis zum Jahr 2025 80 Prozent der gesetzlich Versicherten über eine ePA verfügen, bis Ende 2025 sollen 80 Prozent der Nutzer, die in medikamentöser Behandlung sind, über eine digitale Medikationsübersicht verfügen und bis Ende 2026 sollen mindestens 300 Forschungsvorhaben unter Nutzung von Gesundheitsdaten aus dem FDZ Gesundheit durchgeführt und initiiert werden.
Sylvia Schröder
Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
Presseinformation der Bayerischen Landeszahnärztekammer
vom 20. Juli 2023
Zahnärzte können Leistungen im praxiseigenen Labor als kalkulatorischen Gewinn berechnen
BLZK-Präsident Dr. Dr. Frank Wohl: „Wertvolle Entscheidung für Versorgungssicherheit gerade im ländlichen Raum“
München – Wie die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) bekannt gegeben hat, werden laut einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) Inhaberinnen und Inhaber eines zahnärztlichen Praxislabors in ihrer Tätigkeit gestärkt, indem sie bei der Berechnung dieser Laborleistungen einen kalkulatorischen Gewinn berücksichtigen können. Die BLZK begrüßt die positive Entscheidung des Bundesgerichtshofs.
Der Präsident der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK), Dr. Dr. Frank Wohl, befürwortet diese wertvolle Entscheidung des BGH: „Gerade in diesen aktuell schwierigen Zeiten, in denen unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte mehr und mehr um Fachkräfte, auskömmliche Honorare und um die Wirtschaftlichkeit ihrer Praxen kämpfen müssen, ist diese Entscheidung ein wichtiges Signal für die Zukunft. In vielen Fällen betreiben Zahnärzte kleinere Praxislabore, in denen vorbereitende Maßnahmen erledigt werden, bevor in einem externen Labor die eigentliche Herstellung des Zahnersatzes erfolgt. Dadurch kann wertvolle Zeit für den Patienten eingespart werden. Wenn die Zahnärzte für Eigenlaborleistungen lediglich die intern entstandenen Kosten in Rechnung stellen dürften, könnten diese dem Patientenservice dienenden Maßnahmen in vielen Fällen nicht mehr in der Praxis erbracht werden. Die BGH-Entscheidung stellt nun sicher, dass für die Behandlung des Patienten wertvolle Zeit gespart wird – gerade im ländlichen Raum ist dies ein unschätzbarer Vorteil.“
Hintergrundinformation zum Thema:
Die Frage, ob Zahnärztinnen und Zahnärzte, die Leistungen im praxiseigenen Labor erbringen, bei der Berechnung dieser Laborleistungen einen kalkulatorischen Gewinn berücksichtigen dürfen, war nie ernsthaft umstritten und gelebte Praxis. Nicht zuletzt der Verordnungsgeber selbst hat in der Begründung von Paragraf 9 GOZ ausdrücklich die Möglichkeit anerkannt, einen kalkulatorischen Gewinnanteil zu berechnen. Gleichwohl hat die Wettbewerbszentrale eine gerichtliche Überprüfung dieser Praxis angestoßen.
Das Landgericht Darmstadt wie – in zweiter Instanz – das Oberlandesgericht Frankfurt gaben jedoch der beklagten Firma recht und stellten fest: Der Wortlaut der Regelung des Paragrafen 9 Absatz 1 GOZ („angemessene Kosten“) lässt es zu, einen maßvollen, den betriebswirtschaftlichen Maßstäben entsprechenden, kalkulatorischen Gewinnanteil des praxiseigenen Labors zu berücksichtigen. Die Norm bestimme nicht, dass für zahntechnische Leistungen nur die tatsächlich entstandenen Kosten abzurechnen sind. Die Wettbewerbszentrale hat dieses Urteil dem Bundesgerichtshof zur Überprüfung vorgelegt. Der BGH hat nach mündlicher Verhandlung am 13. Juli 2023 die Revision der Wettbewerbszentrale zurückgewiesen.
Christian Henßel, │ presse@blzk.de │ facebook.com/BLZK.KZVB
by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
„Maßlos überzogene Sanktion“
Berlin, 4. Juli 2023 – Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) kritisiert die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) neu festgelegten Pauschalen für die Nutzung und den Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI). „Die Vorgaben aus dem BMG sorgen für erheblichen Anpassungsbedarf in den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) und setzen Zahnarztpraxen wieder einmal mit Sanktionen unter Druck“, erklärt Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender Vorsitzender der KZBV.
Besonders das kurzfristige Vorgehen des BMG hätte durch eine Verschiebung des Starttermins der neuen Pauschalen und geeignete Übergangsregelungen vermieden werden können: „Die neue TI-Pauschale soll ab dem 1. Juli gelten. Die Festlegungen hat uns das BMG aber erst kurz vor zwölf zugesendet“, so Pochhammer. „Das BMG kippt der Vertragszahnärzteschaft die Vereinbarungsinhalte vor die Füße und die 17 KZVen müssen nun sehen, wie sie das Ganze administrieren können. Dabei hatten wir das BMG mehrfach darauf hingewiesen, dass die inhaltliche Umstellung auf die Monatspauschale dort einen hohen Anpassungsbedarf verursacht.“ Auch die Eingabe der KZBV, die Beantragungs- und Nachweisführung abzubauen und somit den Bürokratieaufwand der KZVen zu senken, habe das BMG ignoriert.
Aus Sicht der KZBV sind die Folgen der neuen Vorgabe ohne ein Mitwirken der Industrie fatal. „Das BMG hat in der Hoffnung, dass die Industrie ihre Preise senkt, die Zahnarztpraxen an vielen Stellen unter Druck gesetzt“, erklärt Pochhammer. So fehle die Anpassung an das aktuelle Preisniveau und das Budget für Defektkomponenten werde ersatzlos gestrichen. Außerdem könne das BMG neue Anwendungen verpflichtend einführen und bei Nichtnutzung sofort sanktionieren. Neu eingeführte Anwendungen würden indes frühestens 2025 in die Pauschale eingerechnet. Zudem müssten die Vertragszahnärzte künftig erst in Vorleistung gehen und die Komponenten auf eigene Rechnung kaufen. Die Erstattung erfolge dann über einen Umlagezeitraum von fünf Jahren. „Immerhin hier ist das BMG auf die Forderungen der KZBV eingegangen. Die Krankenkassen hatten zehn Jahre gefordert“, berichtet Pochhammer. „Vollkommen unverständlich ist hingegen die erhebliche Reduktion der Pauschale um 50 %, wenn eine Zahnarztpraxis eine TI-Anwendung nicht rechtzeitig vorhalten kann. Das ist eine maßlos überzogene Sanktion.“
Die KZBV hat darüber hinaus weiterhin erhebliche Zweifel daran, dass die neue Finanzierungssystematik dazu führt, dass die Industrie ihre Preise für die TI-Anwendungen anpasst. „Das BMG verspricht sich mit der neuen Regelung wirtschaftliche Anreize, aber anstatt das direkt an die Industrie zu adressieren, wird das finanzielle Risiko einseitig auf die Zahnarztpraxen abgewälzt. Ein politisches Bekenntnis zum besonderen Stellenwert der Vertragszahnärzteschaft und der Selbstverwaltung ist das nicht“, so Pochhammer.
Christian Albaum
Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
by admin1 | Nov 21, 2024 | 2023
Gemeinsame Presseinformation von KZVN und ZKN:
Hannover, 22. Juni 2023
Niedersächsische Zahnärzteschaft begrüßt Regulierung von Investoren-MVZ
Die niedersächsische Zahnärzteschaft begrüßt den vom Bundesrat mit großer Mehrheit angenommenen
Regulierungsvorschlag für von fachfremden Investoren geführte Medizinische Versorgungszentren
(Investoren-MVZ, „iMVZ“). Der Bundesrat fordert darin die Bundesregierung auf, ein MVZ-
Regulierungsgesetz auf den Weg zu bringen, mit dem ein unreglementiertes Wachstum von iMVZ
gestoppt werden soll.
Dr. Jürgen Hadenfeldt, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung
Niedersachsens (KZVN): „iMVZ konzentrieren sich vor allem auf die städtischen Ballungsräume. Damit
helfen sie nicht bei der Verbesserung der Versorgungslage in ländlicheren Regionen oder der
Behandlung vulnerabler Gruppen. Sie sind einzig auf maximale Rendite ausgelegt.“
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass zwei Drittel der in Deutschland aktiven
Zahnmedizinketten ihre Gewinne mittlerweile in sogenannten Offshore-Finanzzentren wie den Cayman
Islands versteuern.
Der Bundesrat verlangt in seiner Entschließung eine räumliche Begrenzung der Gründungsmöglichkeiten
der Trägerkrankenhäuser auf einen Umkreis von 50 km, Höchstversorgungsanteile für Haus- und
Fachärzte, eine Kennzeichnungspflicht auf dem Praxisschild, ein MVZ-Register zur Herstellung von
Transparenz über die Eigentumsverhältnisse eines MVZ und Regelungsvorschläge, um die
Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung im MVZ vor dem Einfluss von Kapitalinteressen zu
schützen.
KZVN und ZKN fordern neben der räumlichen Begrenzung auch die Einführung eines fachlichen Bezugs
des gründungsberechtigten Krankenhauses sowie Änderungen im Zahnheilkundegesetz.
Henner Bunke, D.M.D./Univ. of Florida, Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen: „Insbesondere
die Transparenz für die Patientinnen und Patienten war uns immer wichtig. Es muss für die Patientinnen
und Patienten auch Ross und Reiter erkennbar sein, also ob es sich um ein zahnärztlich oder um eine
von fachfremden Investoren geführtes MVZ handelt. Gesundheitsminister Lauterbach und die
Bundesregierung sind nun gefordert, die Vorschläge des Bundesrates umzusetzen oder noch zu
erweitern und so die Vergewerblichung der Zahnmedizin zu stoppen. Zahnärztinnen und Zahnärzte, die
sich für die Anstellung in einem iMVZ entscheiden, fehlen für Praxisgründungen oder bei Übernahmen
von Bestandspraxen und damit für die Versorgung in ganz Niedersachsen“
KZVN und ZKN hatten in Gesprächen mit dem niedersächsischen Gesundheitsministerium immer wieder
auf die problematische Lage durch iMVZ hingewiesen. Niedersachsen hatte im Bundesrat für die
Entschließung gestimmt.
Pressekontakte:
Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN)
Zeißstr. 11 / 30519 Hannover
Elke Steenblock-Dralle (Referat Öffentlichkeitsarbeit)
E-Mail: info@kzvn.de / Internet: www.kzvn.de
Dr. Michael Loewener, Pressesprecher
E-Mail: m.loewener@gmx.de
Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN)
Zeißstr. 11a / 30519 Hannover
Julia Treblin (Pressestelle)
E-Mail: presse@zkn.de / Internet: www.zkn.de
Dr. Lutz Riefenstahl, Pressesprecher
E-Mail: lriefenstahl@zkn.de