GKV-Finanzgesetz: Minister streut den Versicherten Sand in die Augen
Presseinformation der KZBV:
GKV–Finanzgesetz: Minister streut den Versicherten
Sand in die Augen
Berlin, 28. Juli 2022 – Nachdem das Bundeskabinett gestern den Entwurf für
das GKV Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen hat, drohen durch die darin
vorgesehenen drastischen Vergütungskürzungen und Budgetierungen
gravierende Leistungskürzungen mit erheblichen Folgen für die
Patientenversorgung.
„Die geplanten Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich sind weder sachgerecht
noch in irgendeiner Form verhältnismäßig. Sie werden fatale Folgen für die
Mund– und Allgemeingesundheit der Versicherten bewirken und werden strikt
abgelehnt“, kommentierte Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), den Beschluss der
Bundesregierung.
Mehrfach und aktuell im Anschluss an die Kabinettssitzung hatte
Bundesgesundheitsminister Lauterbach bekräftigt, dass mit dem Gesetz keine
Leistungskürzungen verbunden seien. „Hier führt der Minister die GKV–
Versicherten hinters Licht,“ kritisierte Eßer. „In einer budgetierten
Gesamtvergütung, wie sie der Regierungsentwurf vorsieht, würden die erst
kürzlich freigegebenen notwendigen Finanzmittel für neue Leistungen und
insbesondere die neue Versorgungsstrecke bei der Parodontitis–Therapie
massiv gekappt. De facto werden damit dringend notwendige Leistungen, auf
die die Versicherten neuerdings einen Rechtsanspruch haben, durch die
Hintertür wieder gestrichen.“
Erst im Juli 2021 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G–BA) im Konsens
und mit Genehmigung des Gesundheitsministeriums in Kenntnis der dafür
erforderlichen Finanzmittel eine bahnbrechende Richtlinie zur Bekämpfung der
großen Volkskrankheit Parodontitis beschlossen. Für die Mund– und
Allgemeingesundheit der Bevölkerung stellt die neue Parodontitis–
Versorgungsstrecke einen Quantensprung dar. Unbehandelt ist Parodontitis die
häufigste Ursache für vermeidbaren Zahnverlust. Die Erkrankung steht im
Zusammenhang mit schweren Allgemeinerkrankungen wie Herz–Kreislauf–
Erkrankungen und Diabetes und stellt ein Risiko für Schwangere, demenzielle
Erkrankungen und schwere Verläufe bei Infektionen mit dem Coronavirus dar.
Der Behandlungsbedarf in Deutschland ist extrem hoch: Jeder zweite
Erwachsene leidet an einer behandlungsbedürftigen Parodontitis.
„Viele Jahre hat man in der gemeinsamen Selbstverwaltung um diese als
Leuchtturmprojekt der zahnmedizinischen Versorgung gefeierte Innovation, die
auf den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen einer modernen
Parodontaltherapie beruht, gerungen. Jetzt wird ihr mit einem Federstrich die
Grundlage entzogen und die Menschen faktisch ihres Leistungsanspruches
beraubt. Das ist unverantwortlich und sollte nicht verschwiegen oder beschönigt
werden. Die finanziellen Mittel für die erforderlichen Behandlungen waren
eingeplant und beschlossen und dürfen jetzt nicht durch die kalte Küche wieder
einkassiert werden“, so Eßer. „Da Minister und Bundesregierung vor diesen
drohenden Realitäten offenbar die Augen verschließen, ist jetzt das Parlament
gefordert, in die Bresche zu springen und die notwendigen Korrekturen am
Gesetzentwurf vorzunehmen.“
Kai Fortelka/KZBV
Zurück