PAR-Richtlinie: Wie können Praxen die neuen Leistungen abrechnen? 2. Teil des KZBV-Videoprojekts gestartet

Berlin, 21. Juni 2021 – Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) hat heute den 2. Teil ihres dreiteiligen Videoprojektes zum Inkrafttreten der neuen Parodontits-Richtlinie gestartet. Nachdem vor einigen Tagen bereits mit einem ersten Video die neue Behandlungsstrecke und ihre Entstehung sowie zentrale standespolitische und wissenschaftliche Hintergründe vorgestellt wurden, geht der zweite Film für Zahnarztpraxen nun detailliert auf konkrete Abrechnungsmodalitäten ein. Das Video kann ab sofort über die Website und die Social-Media-Kanäle der KZBV bei Youtube, Facebook und Twitter abgerufen werden.
Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV, und Martin Hendges, stellv. Vorsitzender des Vorstandserläutern Schritt für Schritt die entsprechenden BEMA-Positionen, Formulare sowie die Beantragung, Bewertung und Abrechnung der neuen PAR-Leistungen inklusive entsprechender Übergangsregelungen für Behandlungen, die vor dem 1. Juli – dem Datum des Inkrafttretens der neuen Richtlinie – begonnen wurden.
Das neue Erklärvideo dient vor allem der Information von behandelnden Zahnärztinnen, Zahnärzten und ihren Teams. Zugleich soll der Film eine inhaltliche Vorbereitung von Versorgungsangeboten ermöglichen und aktuelle Fortbildungsveranstaltungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen begleiten und ergänzen.
Mit der Bewertung der neuen Leistungen wird die Parodontaltherapie nachhaltig in der Versorgung verankert und angemessen honoriert. Insgesamt erfährt die gesamte Behandlungsstrecke, zu der jetzt auch Elemente wie die Unterstützende Parodontitistherapie (UPT), die Evaluation und Gesprächsleistungen zählen, in der Praxis eine deutliche Aufwertung. Ziel des Berufsstandes ist es, die hohe Parodontitislast in Deutschland dauerhaft zu senken.
Die KZBV hatte unmittelbar nach Umsetzung der neuen PAR-Richtlinie im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss aufgenommen, um Leistungsbeschreibungen und Abrechnungsbestimmungen im BEMA zu konsentieren und betriebswirtschaftlich stimmige Bewertungen durchzusetzen.
Teil 3 des PAR-Videoprojekts folgt in den nächsten Wochen. Dabei stehen dann die Leistungen zur PAR-Behandlung vulnerabler Gruppen nach  § 22a SGB V im Fokus. Bei diesen Leistungen aus Teil 4 des BEMA wird in einer modifizierten PAR-Behandlungsstrecke zurückgegriffen. Die Bewertung und Abrechnung sind ebenso Themen des 3. Films, wie auch der niederschwellige und bürokratiearme Zugang zu diesen Leistungen.
Hintergrund: Die neue PAR-Richtlinie
Die systematische Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis steht ab dem 1. Julivor einem grundlegenden Neuanfang: Zu diesem Datum treten die neue Parodontitis-Richtlinie, Ergänzungen der Behandlungsrichtlinie wie der Parodontale Screening-Index und auch die Richtlinie für die PAR-Behandlung vulnerabler Gruppen nach § 22a SGB V in Kraft. Gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten können dann umfassend und dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse entsprechend versorgt werden. Um diesen Meilenstein in der Versorgung zu erreichen, hatte die KZBV intensive, fachliche Beratungen und Verhandlungen geführt – zunächst über mehrere Jahre im G-BA zu den Inhalten der Richtlinie und anschließend im Bewertungsausschuss zu den Details einzelner Leistungen und deren Vergütung für die Vertragszahnärzteschaft.

Kai Fortelka

KZBV

Pressemitteilung: Benz ist neuer Präsident der Bundeszahnärztekammer – Bundesversammlung wählte neuen Geschäftsführenden Vorstand

Pressemeldung der Bundeszahnärztekammer – BZÄK:

Berlin, 04. Juni 2021 – Auf der außerordentlichen Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) am 04./05. Juni 2021 in Berlin wurden die Wahlen des Geschäftsführenden Vorstandes nachgeholt, die coronabedingt im Herbst 2020 nicht stattfinden konnten. Die Delegierten wählten Prof. Dr. Christoph Benz zum neuen Präsidenten sowie Konstantin von Laffert zum neuen Vizepräsidenten und Dr. Romy Ermler zur neuen Vizepräsidentin. Die Bundesversammlung fand unter strengen Hygieneauflagen statt.

„Wir bedanken uns für das Vertrauen der Delegierten und werden unsere neue Aufgabe als Geschäftsführender Vorstand mit großem Eifer und hoher Motivation zukunftsgerichtet angehen. Unser Ziel ist es, die hervorragende tagtägliche Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in den Praxen bestmöglich zu unterstützen und zu erleichtern – in der anhaltenden Corona-Pandemie und darüber hinaus. Dazu gehört neben der Bewahrung von freier Berufsausübung auch die Weiterentwicklung der GOZ, der Bürokratieabbau und der Erhalt des bewährten dualen Krankenversicherungssystems.

Wir möchten uns außerdem bei dem bisherigen Präsidenten Dr. Peter Engel und dem bisherigen Vizepräsidenten Prof. Dr. Dietmar Oesterreich bedanken für ihre jahrelange Arbeit für die BZÄK, ihren enormen Einsatz und ihre wichtigen Weichenstellungen“, so der neue Geschäftsführende Vorstand der BZÄK nach der Wahl.

Hintergrund:

Die Bundesversammlung ist das oberste Beschlussorgan der BZÄK. Sie besteht aktuell aus 166 Delegierten, die von den 17 (Landes-)Zahnärztekammern entsandt werden. Die Bundesversammlung wählt für vier Jahre den Präsidenten bzw. die Präsidentin sowie die zwei Vizepräsidenten bzw. Vizepräsidentinnen, beschließt den Haushalt und legt die Leitlinien der Berufs- und Standespolitik der BZÄK fest.

Dipl.-Des. Jette Krämer,  E-Mail: presse@bzaek.de

BARMER-Zahnreport 2021: Kreidezähne – Sind Antibiotika die Ursache?

Pressemitteilung der BARMER:

Berlin, 1. Juni 2021 – Mindestens 450.000 Kinder in Deutschland haben sogenannte Kreidezähne, die behandelt werden müssen. Das entspricht rund acht Prozent aller Sechs- bis Zwölfjährigen, die unter gelblich oder bräunlich verfärbten, porösen und beim Putzen schmerzenden Zähnen leiden. Das geht aus dem aktuellen Zahnreport der BARMER hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Den Ergebnissen zufolge gibt es einen erkennbaren Zusammenhang zwischen Medikamenten und der Molaren-Inzisiven–Hypomineralisation (MIH ), umgangssprachlich Kreidezähne genannt. „ Kinder haben häufiger Kreidezähne, wenn sie in den ersten vier Lebensjahren bestimmte Antibiotika erhalten haben. Vor diesem Hintergrund muss erneut auf deren verantwortungsvollen und indikationsgerechten Einsatz hingewiesen werden. Antibiotika sind ohne jeden Zweifel segensreich. Doch die Prämisse lautet auch hier, so viel wie nötig und so wenig wie möglich“, sagte der Vorstandsvorsitzende der BARMER, Prof. Dr. Christoph Straub. Bisher sei über die Entstehung der Kreidezähne nur wenig bekannt. Das mache sie besonders tückisch. Die Ernährung habe auf deren Entstehung wahrscheinlich keinen Einfluss. Regelmäßiges Zähneputzen könne Kreidezähne nicht verhindern, da die Zähne bereits geschädigt durchbrechen. Somit sei Prävention nahezu unmöglich. Für die Eltern betroffener Kinder sei das eine wichtige Botschaft. Sie haben nichts falsch gemacht!

Zusammenhang von Antibiotika und Kreidezähnen

Über mögliche Ursachen der Kreidezähne werde viel diskutiert, und es bestünden verschiedene Hypothesen dazu, so Straub weiter. Hier werde auch das mögliche Zusammenwirken von Arzneimitteln und Kreidezähnen diskutiert. Der Zahnreport habe vor diesem Hintergrund unterschiedliche Gruppen von Medikamentenverordnungen bei Kindern mit und ohne Kreidezähnen untersucht. Dabei seien auch unterschiedliche Antibiotika geprüft worden, die etwa bei Atem– oder Harnwegsinfekten zum Einsatz kä men. Hier zeige sich, dass Kinder mit Kreidezähnen in den ersten vier Lebensjahren häufig angewendete Antibiotika bis zu etwa zehn Prozent mehr verschrieben bek ämen als Gleichaltrige ohne Kreidezähne. „Die Verordnung von Antibiotika steht in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Auftretenvon Kreidezähnen. Allerdings ist noch unklar, wie dieses Zusammenwirken genau funktioniert. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich“, sagte Straub. Bei der Antibiotikavergabe sei man bereits auf einem guten Weg. So habesich die verordnete Antibiotikagabe bei Kindern bis fünf Jahren zwischen den Jahren 2005 und 2019 mehr als halbiert. Im vergangenen Jahr sei die Menge noch einmal deutlich gesunken, wohl auch deswegen, weil die Abstands–und Hygieneregeln während der Corona–Pandemie zu weniger sonstigen Infektionen geführt hätten.

Mädchen haben häufiger Kreidezähne als Jungen

Neben der Ursachenforschung hat der BARMER–Zahnreport eine Bestandsaufnahme zum Phänomen der Kreidezähnegemacht. Betroffen sind demnach häufiger Mädchen als Jungen. Zwischen den Jahren 2012 bis 2019 hatten 9,1 Prozent der Mädchen und 7,6 Prozent der Jungen eine so schwere Form der Kreidezähne, dass sie in zahnärztlicher Behandlung waren. Darüber hinaus bekommen Kinder vergleichsweise selten Kreidezähne, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt noch sehr jung oder schon älterals 40 Jahrealt war. BARMER–versicherte Mütter haben dagegen gut doppelt so häufig Kindermit Kreidezähnen, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt zwischen 30 und 40 Jahrealtwaren. „Obwohl Kreidezähne neben Karies diehäufigste Zahnerkrankung bei Kindern sind, steht die Forschung dazu noch am Anfang. Wir haben in unseren Analysen verschiedene Zusammenhänge gefunden. Die zugrundeliegenden Mechanismen und Kausalitäten können mit Abrechnungsdaten allein allerdings nicht aufgeklärt werden. Dazu bedarf es weiterer Forschung. In Kenntnis der Ursachen könnten zukünftig dann auchendlichpräventive Maßnahmen möglich werden“, sagte Prof. Dr. Michael Walter, Autor desBARMER–Zahnreports und Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik an der MedizinischenFakultät Carl Gustav Carus der Technischen Universität Dresden.

Massive regionale Unterschiede beim Auftreten von Kreidezähnen

Den Ergebnissen des Reports zufolgegibt es beimAuftreten von Kreidezähnen nicht nur soziodemographische, sondern auch große regionale Unterschiede. Bundesweit schwanken die Betroffenenraten bei Kindernauf Stadt–und Kreisebene demnach zwischen dreiund 15 Prozent. Auch auf Bundeslandebene sind die Unterschiede noch beträchtlich. Sie reichen von 5,5 Prozent in Hamburg bis hin zu 10,2 Prozent in Nordrhein–Westfalen.„Die deutlichen regionalen Unterschiede beim Auftreten von Kreidezähnen können wir noch nicht plausibelerklären. Hier sollte man nicht überinterpretieren“, sagte Walter.

Die kompletten Presseunterlagen inklusive abdruckfähiger Grafiken stehen zum Download bereit unter:    www.barmer.de/zahnreport

BARMER Pressestelle, Axel -Springer–Straße 44, 10969 Berlin

BZÄK-Pressemitteilung: Zahnärztinnen und Zahnärzte helfen, Kindeswohlgefährdungen frühzeitig zu erkennen Bundeszahnärztekammer begrüßt das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Berlin, 07. Mai 2021 – Zahnärztinnen und Zahnärzten kommt eine entscheidende Rolle beim Erkennen häuslicher Gewalt zu, denn Verletzungen im Bereich von Mund, Kiefer und Gesicht gehören zu den häufigsten Folgen häuslicher Gewalt. Auch Vernachlässigung und eine Kindeswohlgefährdung lassen sich häufig im Mundbereich, z.B. am Mundhygienezustand, ablesen. Zahnarztpraxen werden oft als erste aufgesucht, weil Schäden im Kiefer- und Zahnbereich häufig unbehandelt nicht ausheilen. Deshalb begrüßt die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) das heute verabschiedete „Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG)“, das nun die Rolle der Zahnmedizin deutlich herausstellt.

Das Gesetz soll die mit dem Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) von 2012 geschaffenen rechtlichen Grundlagen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen weiterentwickeln. Mit dem Bundeskinderschutzgesetz wurde Ärztinnen und Ärzten als Berufsgeheimnisträgern die Möglichkeit eingeräumt, bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine Kindeswohl-gefährdung unter bestimmten Voraussetzungen das Jugendamt zu informieren und diesem die für ein Tätigwerden erforderlichen Daten mitzuteilen.

„Ab heute werden auch die Zahnärztinnen und Zahnärzte hinsichtlich der Meldebefugnisse berücksichtigt und können das Jugendamt einschalten, wenn ihnen Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen vorliegen“, so BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich. „Die BZÄK hatte dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Bedeutung der Zahnmedizin in diesem Bereich und die bereits bestehenden Strukturen dargelegt. Denn der Zahnärzteschaft kommt eine entscheidende Rolle beim Erkennen, Dokumentieren und Melden von Anhaltspunkten für eine Vernachlässigung bzw. Kindeswohlgefährdung als auch von häuslicher Gewalt zu. Und: Die Zahnärzteschaft ist auf diesem Gebiet bereits seit Jahren aktiv. Es freut uns, dass diese Argumente angenommen wurden. Damit besteht Rechtssicherheit für alle Praxen.“

Die Bundeszahnärztekammer informiert auf ihrer Website Praxen über den Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt: https://www.bzaek.de/recht/haeusliche-gewalt.html

Neben Hinweisen zum Umgang mit betroffenen Patienten sind auch juristische Einordnungen und verschiedene Unterlagen, die Dokumentation betreffend, (z.B. ein Dokumentationsbogen und ein Ablaufdiagramm für die Zahnarztpraxis) dort eingestellt.

Bundeszahnärztekammer
Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e.V. (BZÄK)
Chausseestraße 13
10115 Berlin

Der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA meldet: Unterkiefer-Protrusionsschiene – G-BA regelt zahnärztliche Details für Verordnung

Berlin, 7. Mai 2021 – Um Patientinnen und Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe – wiederholten Atemaussetzern beim Schlafen – künftig optimal mit einer Unterkiefer-Protrusionsschiene behandeln zu können, wird medizinische wie zahnmedizinische Kompetenz benötigt. Die Details der zahnärztlichen Aufgaben hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seinem aktuellen Beschluss geregelt. Die Änderungen der Behandlungsrichtlinie bauen auf dem G-BA-Beschluss vom 20. November 2020 auf, mit dem die Unterkiefer-Protrusionsschiene als neue Behandlungsmethode für gesetzlich Versicherte in den Leistungskatalog aufgenommen wurde. Sobald die Abrechnungsziffern sowohl für die vertragsärztliche als auch die vertragszahnärztliche Versorgung vorliegen, kann die Schiene verordnet werden. Das wird voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2021 der Fall sein. Die bereits mit dem November-Beschluss skizzierte Zeitschiene steht nach wie vor, sofern das Bundesministerium für Gesundheit den Beschluss nicht beanstandet.


Ineinandergreifen von ärztlichem und zahnärztlichem Handeln


Die schlafmedizinische Empfehlung, eine Unterkiefer-Protrusionsschiene in der Therapie der Schlafapnoe einzusetzen, liegt bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. Die Verordnung kommt in Frage, wenn die Überdrucktherapie mit einer Atemmaske nicht erfolgreich eingesetzt werden konnte. An die Empfehlung schließt sich eine zahnärztliche Untersuchung an, bei der Kontraindikationen wie Kiefergelenksstörungen auszuschließen sind. Liegen keine Kontraindikationen vor, nimmt die Zahnärztin oder der Zahnarzt für die Anfertigung der Schiene einen Abdruck von Ober- und Unterkiefer. Nach diesem Modell wird die Schiene von Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern angefertigt. Anschließende Aufgabe der Zahnärztinnen und Zahnärzte ist es, die Schiene auf den individuellen Protrusionsgrad einzustellen. Ob die Schiene bei der Behandlung der Atemaussetzer wirkt, kontrollieren die behandelnden Ärztinnen und Ärzte.

Wie wirkt eine Unterkiefer-Protrusionsschiene?
Die zweiteilige verstellbare Schiene wird während des Schlafens auf den Zähnen getragen und drückt den Unterkiefer sanft nach vorne. Die Muskeln bleiben stabil und die Atemwege offen.

Gemeinsamer Bundesausschuss

E-Mail: presse@g-ba.de

Deutscher Ärztetag fordert den Stopp von Spahns Digitalgesetz im Bundestag

Freie Ärzteschaft: Pressemitteilung vom 06.05.2021

Der 124. Deutsche Ärztetag hat dem Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) eine klare Absage erteilt. Die Ärzte fordern den Deutschen Bundestag auf, das DVPMG in der vorgelegten Form heute nicht zu verabschieden. „Wir sehen hier einen tiefen Eingriff in unsere Beziehung zu den Patienten“, sagte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ), am Donnerstag in Hamburg. „Die Patienten vertrauen sich uns an, in dem berechtigten Glauben, dass wir ihre Daten schützen. Zentrale Online-Datenspeicher torpedieren unsere ärztliche Schweigepflicht.“

In einem von der FÄ unterstützten und mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Ärztetages heißt es dazu: „Mit diesem Gesetz erfolgt eine weitgehende Neuausrichtung des Gesundheitswesens, die überstürzt und ohne Beteiligung von Patienten und Ärzten vorgenommen wird. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) als Speicherort der Daten in der Hand des Patienten soll durch zentrale Online-Datenspeicher ersetzt werden. Damit werden die Beschlüsse mehrerer Ärztetage konterkariert!“

Bei der Eröffnung des Ärztetags am Dienstag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wiederholt sein Credo der digitalen Transformation der Medizin in Richtung Apps, Telemedizin und Datenspeicherung in der Cloud verkündet. In der ausführlichen Diskussion der Delegierten wurde jedoch schnell klar, dass die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland die Sache ganz anders sehen. In einem von der FÄ initiierten Beschluss kritisieren die Delegierten, dass die TI in der geplanten Form keinen erkennbaren Mehrwert für Praxen und Kliniken ergebe. Die zur zügigen Einführung vorgesehenen Anwendungen seien nicht oder nicht ausreichend auf Funktion, Ausfallsicherheit und Alltagstauglichkeit getestet.

Der Ärztetag verwies außerdem auf „die große Gefahr, dass durch die gesetzgeberische Geschwindigkeit notwendige Testungen zur Praktikabilität wie auch zur Patientensicherheit unterbleiben.“ Dabei drohe die Anbindung an die Realität verlorenzugehen. „Der Gesetzgeber würde hier massiv in die eingespielten Praxisabläufe eingreifen“, erläuterte FÄ-Chef Wieland Dietrich. „Dabei wird der funktionierende Ablauf der Patientenbehandlung aufs Spiel gesetzt. Das akzeptieren wir nicht.“ Die Einführung digitaler Anwendungen erfordere nicht nur die Schaffung technischer Voraussetzungen, sondern vor allem auch Anpassungen an die Praxisrealität.

„Außerdem“, so FÄ-Vize Lüder in der Diskussion auf dem Ärztetag, „hat Spahn mit seinen inzwischen drei Digitalgesetzen einer interessierten Industrie erst ermöglicht, mit dem elektronischen Rezept über Apps in Deutschland renditeträchtige Plattformen aus Pharmagroßhändlern und IT-Firmen zu schaffen.“ Über angestellte Telemediziner dieser Firmen würden nach Fernbehandlungen eRezepte an stationäre und Online-Apotheken vermittelt, die dann gleich mit der Krankenkasse abrechnen könnten. Damit würden Konzerne einen immer größer werdenden Teil der ambulanten Medizin in Zukunft übernehmen. „Das lehnen wir ab“, machte die Allgemeinärztin auf dem Ärztetag deutlich.

Über die Freie Ärzteschaft e.V.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

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V. i. S. d. P: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e.V., Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen,