Kann die Zahlung des Eigenanteils von Zahnersatz vom Patienten wegen fehlender Unterschrift unter dem HKP verweigert werden?

    Der Zahnarzt darf nur Vergütungen für Leistungen berechnen, die zahnmedizinisch notwendig sind (§ 1 Abs. 2 GOZ). Soweit der Patient darüber hinaus Wünsche äußert, die über das zahnmedizinisch notwendige hinausgehen, müssen diese Leistungen in einem Heil- und Kostenplan schriftlich (§§ 125, 126 BGB) vereinbart werden (§ 2 Abs. 3 GOZ).
    Entscheidend ist daher, was medizinisch notwendig ist, damit die Kosten für die Behandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, was wirtschaftlich ist, sondern im Allgemeinen besteht eine medizinische Notwendigkeit, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung steht, um die Krankheit zu heilen oder zu lindern.


    Dies gilt auch für die Versorgung mit Zahnersatz. Gem. § 55 SGB V haben gesetzlich Krankenversicherte Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen. Welche Versorgung der gesetzlich Krankenversicherte wählt, ist seiner Entscheidung überlassen. Er kann sich mit der Regelversorgung versorgen lassen oder eine gleichartige bzw. andersartige Versorgung wählen, ohne seinen Anspruch auf den nach der Regelversorgung zu bemessenden Festzuschuss zu verlieren. In allen diesen Fällen ist die Versorgung mit Zahnersatz medizinisch notwendig. Die Versorgung mit Zahnersatz wird jedoch nicht zu Wunschleistungen im Sinne von §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 3 GOZ. Lediglich die Art der Ausführung und damit der Abrechnungsweg ist unterschiedlich.
    Der Patient ist jedoch über die Kosten, insbesondere über den von ihm zu tragenden Eigenanteil vor der Versorgung mit Zahnersatz aufzuklären. Aus diesem Grund ist vor Beginn der Versorgung ein kostenloser Heil- und Kostenplan zu erstellen. Im anschließenden Bewilligungsverfahren nach § 87 SGB V hat die Krankenkasse vor der Behandlung den Heil- und Kostenplan insgesamt zu prüfen, d.h. auch die privat zu vereinbarenden und privat abzurechnenden Leistungen nach der GOZ. Nach der Prüfung bewilligt die Krankenkasse den von ihr zu zahlenden Festzuschuss.


    Den Zahnarzt trifft vor der Behandlung eine wirtschaftliche Aufklärungspflicht, die er in Textform zu erfüllen hat (§ 630 c Abs. 3 BGB, § 126 BGB) und u.a. in Form des Heil- und Kostenplans erfüllt.
    Der Heil- und Kostenplan in Papierform enthielt ein Feld, in welchem der Patient unterschreiben sollte. Beim neuen eHKP gibt es bei der gleichartigen bzw. andersartigen Versorgung ebenfalls ein Formular, welches der Patient grundsätzlich zu unterschreiben hat.


    Doch was ist eigentlich, wenn sich der Patient nach ausführlicher Aufklärung über die Kosten einer Regelversorgung, gleichartigen bzw. andersartigen Versorgung für die hochwertige andersartige Versorgung entscheidet, in der Hektik des Praxisalltags jedoch vergessen wurde, den Patienten unterschreiben zu lassen.


    Kann der Zahnarzt in diesem Fall die Mehrkosten für einen höherwertigen Zahnersatz mangels Unterschrift vom Patienten fordern? Mit dieser Fragestellung hat sich der BGH in seiner Entscheidung vom 02.05.2024, AZ: III ZR 197/23 auseinandergesetzt. Ein Patient, der mit andersartigem Zahnersatz versorgt worden war, verweigerte die Zahlung der Kosten über die Regelversorgung hinaus, weil er den Heil- und Kostenplan über den höherwertigen / andersartigen Zahnersatz nicht unterschrieben hatte. Der BGH kommt zu dem Schluss, dass § 8 BMV-Z kein Schriftformerfordernis im Sinne der §§ 125, 126 BGB enthält. Nur wenn der Patient als sogenannter Selbstzahler ohne Beteiligung der Krankenkasse wünscht behandelt zu werden, normiert § 8 Abs. 7 Satz 3 BMV-Z, dass vor Beginn der Behandlung hierüber eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden soll. Ferner soll sich der Zahnarzt in diesen Fällen den Wunsch des Patienten, auf eigene Kosten behandelt zu werden, bestätigen lassen.


    Fehlt es daher an der Unterschrift auf dem Heil- und Kostenplan, kann der Patient die Zahlung nicht mit der Begründung, das erforderliche Schriftformerfordernis sei nicht eingehalten, verweigern. Ein solches Schriftformerfordernis, dass zur Nichtigkeit gem. § 125, 126 BGB führt, findet sich in § 8 Abs. 7 Satz 2 und 3 BMV-Z nicht.
    Der BGH hat das Verfahren an die Berufungsinstanz zurückverwiesen, da im zu entscheidenden Fall nicht geprüft worden war, ob der Behandler seine wirtschaftliche Aufklärungspflicht gem. § 630 c Abs. 3 BGB vor der Behandlung erfüllt hatte.
    Wurde der Patient umfangreich wirtschaftlich aufgeklärt und stellt sich nach Abschluss der Behandlung heraus, dass der Patient vergessen hat, die Variante, die er letztlich gewählt hat, zu unterschreiben, kann der Patient die Zahlung der Kosten für den Zahnersatz nicht wegen fehlender Unterschrift verweigern.

    Dieser Tipp kommt von

    Wencke Boldt

    Fachanwältin für Medizinrecht

    Hildesheimer Straße 33

    30169 Hannover

    Telefon: 0511 8074995